Lastenheft

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Lastenheft der Zulieferindustrie zur Bundestagswahl 2021

12. April 2021

Mit ihren 1 Million Beschäftigten in 9.000 Betrieben stellt die Zulieferindustrie einen bedeutenden Teil der industriellen Arbeitsplätze in Deutschland. Mehr als die Hälfte des Umsatzvolumens von insgesamt 244 Milliarden Euro wird mit der Belieferung der Automobilindustrie erlöst. Sie ist ein unverzichtbarer Teil eines nachhaltigen Wertschöpfungsnetzwerks und trägt wesentlich dazu bei, die Herausforderungen an eine Gesellschaft im Wandel erfolgreich zu meistern. Unsere Unternehmen sind bereit, diese Herausforderungen anzunehmen und den notwendigen Beitrag zur Transformation der Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit und auf dem Weg zur Klimaneutralität zu leisten. Die politischen Rahmenbedingungen und Vorgaben beeinflussen dabei ganz wesentlich, wie erfolgreich wir den Wandel
gestalten und die damit verbundenen Chancen nutzen werden.

Die Zulieferindustrie ist von der durch die Covid-19 Pandemie verursachten rückläufigen Nachfrage weiterhin getroffen. Hinzu kommt, dass sich die Automobilindustrie in einer Transformationsphase
befindet. Die Innovationen zur Digitalisierung und zur Dekarbonisierung müssen jetzt erforscht, entwickelt und in den Markt gebracht werden. Dies geschieht maßgeblich durch die Zulieferer in den
Wertschöpfungsverbünden. Erforderlich dafür sind allerdings ausreichende Ressourcen, insbesondere finanzielle Mittel, die wegen der Krise nur eingeschränkt zur Verfügung stehen. Darüber hinaus ist eine
ausreichende Transformationszeit zu berücksichtigen, der Wandel einer für die Volkswirtschaft sektorübergreifend bestimmenden Industrie kann nicht über Nacht geschehen. Ziel muss es sein, einen
erfolgreichen Wandel zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz gemeinsam mit der Zulieferindustrie zu organisieren und auf diesem Weg Arbeitsplätze und Wohlstand insbesondere im Mittelstand zu erhalten.

Aus Sicht der Zulieferindustrie ergeben sich folgende Handlungsempfehlungen:

Klimaschutz vorantreiben
Die Zulieferindustrie bekennt sich zu den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens. Der Klimaschutz ist ein Schlüsselthema unserer Zeit, welches mit ehrgeizigen und erreichbaren Zielen prioritär
vorangetrieben werden muss. Die vom Gesetzgeber gesetzten CO2 – Reduktionsziele müssen sich indes auch an der technischen Machbarkeit orientieren. Der Fokus des Handelns muss von vorneherein
im Dialog mit den betroffenen Industrien die Umsetzung der Ziele in den einzelnen Sektoren in den Blick nehmen und die hierdurch entstehenden Folgen genau und transparent benennen.

Dies gilt auch und gerade in Hinsicht auf zeitliche Festlegungen. Entwicklungsprozesse können unerwartet schnelle Fortschritte machen oder Hemmnissen und Verzögerungen ausgesetzt sein. Es ist
nicht verantwortlich, in der Hoffnung auf neu entstehende Arbeitsplätze in der Zukunft sichere bestehende Arbeitsplätze im industriellen Mittelstand akut zu gefährden. Daher ist ein Monitoring bei der
Zielerreichung der Klimaziele inklusive der durch die Umsetzung zu erwartenden Folgen wesentlich.

Das sichert unsere Zukunft.

Transformation unterstützen und Innovationen stärker anreizen und fördern
Die mittelständischen Zulieferbetriebe können die Transformation nicht aus eigener Kraft stemmen, sondern brauchen Unterstützung durch spezielle, auf den Mittelstand zugeschnittene Förderprogramme. CO2-Emissionen können z.B. durch eine Umstellung der Energieversorgung oder neue Produktionsverfahren gesenkt werden. Dafür müssen die notwendigen Standortbedingungen geschaffen und Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Der Staat sollte dafür unbürokratisch Zuschüsse bereitstellen.

Die Forschung und Entwicklung entlang der gesamten Wertschöpfungskette, z.B. in den Bereichen Mobilität, grünem Wasserstoff und alternative Kraftstoffe, muss konsequent fortgeführt werden.
Schlüsseltechnologien, z.B. in der Antriebstechnologie, der Materialforschung, der Mikroelektronik, der Leistungselektronik, der Batterietechnologie und der Vernetzung und Digitalisierung im Fahrzeug,
müssen weiterentwickelt werden.

Insbesondere der Mittelstand muss zu mehr Innovationen befähigt werden. Die steuerliche Forschungsförderung ist zu erweitern, und vor allem die Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit
zwischen mittelständischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen sind zu verbessern und die mittelstandsorientierte Projektförderung, wie z.B. die Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) und das
Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM), sind signifikant ausbauen.

Das sichert die Technologieführerschaft.

Transformation technologieoffen gestalten und CO2- Grenzwerte an dem technisch Machbaren orientieren
Jede politische Regelsetzung und Förderung muss technologieoffen sein. Das marktwirtschaftliche Prinzip, dass sich zur Erreichung der politischen Ziele die technisch beste Lösung im Wettbewerb der
Technologien entwickeln und durchsetzen muss, führt zu Innovationen, die tatsächlich und ohne staatliche Förderung in großer Zahl zum Einsatz kommen. Staatlicher Dirigismus und
Technologieverbote dagegen bergen die Gefahr, dass falsche Wege beschritten werden und zielführende Optimierungen nicht zum Zuge kommen können.

Sämtliche von der Politik gesetzten Regeln auch in der Europäischen Union müssen offen in diesem Sinne sein, das gilt u.a. auch für die Festsetzung von CO2- Grenzwerten. Die Vorgaben der neuen
Abgasnorm Euro 7 müssen sich an den technisch und wirtschaftlich erreichbaren Fortschritten orientieren. Genauso wie elektrische Antriebe können auch z.B. mit E-Fuels betriebene Verbrennungsmotoren einen wertvollen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten.

Das führt zu kreativen Lösungen von Dauer.

Nachhaltigkeitsbegriff ganzheitlich denken
Bei der Definition der Ziele müssen die drei Säulen der Nachhaltigkeit Ökologie, Ökonomie und Soziales ausgewogen umgesetzt werden. Eine Verengung auf den Klimaschutz führt zu Zielkonflikten mit den
anderen Nachhaltigkeitszielen und verkennt die notwendige wirtschaftliche Kraft und soziale Ausgewogenheit, die zur erfolgreichen Gestaltung der Zukunft unabdingbar ist.

Das richtet den Kompass aus.

Standort wettbewerbsfähig machen
Die Zulieferbetriebe in Deutschland brauchen wettbewerbsfähige Standortbedingungen, um die besonderen Herausforderungen der kommenden Jahre leisten zu können. Das betrifft zum einen
wettbewerbsfähige Energiepreise. Zum anderen sichert ein Level Playing Field mit international vergleichbaren Wettbewerbsbedingungen die heimische Produktion. Einen nationalen Emissionshandel
ohne wirksamen Carbon-Leakage-Schutz darf es nicht geben. Die politischen Rahmenbedingungen aktivieren Belastungen zeitnah, gehen Entlastungen aber bestenfalls zeitverzögert an. Mit einer
Verlagerung der Produktion nach Fernost ist in vielen Fällen weder den gesamtwirtschaftlichen noch den ökologischen und klimapolitischen Zielen gedient. Es darf nicht zu einer Situation kommen, in der die durch staatliche Auflagen induzierten Kosten ausländische Produkte im globalen Wettbewerb attraktiver machen als die des Standorts Deutschland. Klimaorientierte Produktion in Deutschland und der EU verdient Schutz.

Die Zulieferbetriebe bekennen sich zu ihrer Verantwortung bei der Einhaltung von Menschenrechten. Bei der Überwachung der Einhaltung der Menschrechte in den Lieferketten dürfen Unternehmen aber nur zu objektiv erfüllbaren Maßnahmen in ihrem Verantwortungsbereich verpflichtet werden. Eine Haftung für Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen, zu denen keine direkte Beziehung besteht, muss ausgeschlossen werden.

Das sichert Arbeitsplätze.

Infrastruktur zügiger auf- und ausbauen
Klimaneutrale bzw. CO2-freie Produktionsprozesse und Produkte sind nur möglich mit einer neuen Energieversorgung. Grüner Strom und grüner Wasserstoff in ausreichenden Mengen und zu
wettbewerbsfähigen Preisen müssen zu den oft ländlich gelegenen Industriebetrieben gelangen. Dafür sind sehr große Investitionen in eine neue Infrastruktur und Produktionsverfahren
erforderlich. Die mittelständischen Zulieferbetriebe müssen dabei mit handhabbaren Lösungen und finanziellen Mitteln unterstützt werden.

Ebenso muss die notwendige Infrastruktur bei den Daten- und Ladenetzen zügiger ausgebaut werden. Es gilt sicher zu stellen, dass das Land leistungsfähig digitalisiert wird, mit einem HighSpeed-
Glasfasernetz und einer robusten flächendeckenden 5G-Versorgung, um somit u.a. die technischen Bedingungen für ein autonomes Fahren bis zum Level 5 zu schaffen. Beim Ausbau
der privaten und öffentlichen Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität muss aufgeholt werden. Gleichzeitig ist der Aufbau einer Infrastruktur für alternative Antriebsformen anzugehen.

Das schafft Grundlagen.

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